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"Gott lieben, das ist allerschönste Weisheit." Sirach 1,10
Das ist der Monatsspruch für den September. Gott lieben? Na klar mach ich. Weisheit? Naja, die hätte ich jetzt gern. Denn die drei Krisen mäandern durch die Nachrichten: Krieg, Corona, Klima. Also so einfach scheint das nicht zu sein, dass sich mit der Liebe zu Gott, Weisheit einstellt. Denn mit der Weisheit müsste ich ja spüren, dass die Prognosen des düsteren Herbstes an mir abperlen.
Auf der Suche nach Weisheit machte ich eine Entdeckung in der Bibel. Die Weisheit ist im Alten Testament eine Person. Sie ist die Geliebte von Gott! Ja richtig gelesen, die Geliebte! Mit allem Drum und Dran: Lust, Tanz, Spiel. Einen ganzen Abschnitt widmet das Sprüchebuch dieser Geliebten Gottes: „Der Herr hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf, … Als er den Himmel bereitete, war ich da … Als er die Wolken droben mächtig machte … als der dem Meer seine Grenze setzte … da war ich sein Liebling bei ihm; ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm alle Zeit, ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine Lust an den Menschenkindern.“ (Spr. 8,22-33) Was für sinnenfreudige Bilder! O du frommer Gott - was für eine Leichtigkeit. Ich habe bisher gedacht, Weisheit stellt sich durch das studieren kluger Bücher ein; die Sinne werden geschärft (EG 444,5). Aber hier begegnet mir die Weisheit in der sinnenfreudigen Leichtigkeit des Spiels.
Gott zu lieben als allerschönste Weisheit, wie es der Wochenspruch empfiehlt, muss demnach bedeuten, sich von der düsteren Schwere der Krisenrhetorik zu befreien. Das kann ich nicht! Nicht aus mir selbst. Wie ich auch Gott nicht aus mich selbst lieben kann. Sondern er geht mir darin voraus. Gott sei Dank. Dann will ich dem österlichen oder weihnachtlichen Hoffnungslicht trauen, das keine Finsternis siegen wird. Und in diesem Vertrauen hoffen.
Hoffen kommt übrigens vom dem altdeutschen Wort „hupfen“ her. Vielleicht gelingt es ja, ein bisschen mehr zu „hupfen" im Geist. So macht es ja die Weisheit vor Gott auch und sie hat dabei „Lust an den Menschenkindern". Und in diesem Herbst will die Weisheit besonders voranhupfen. Und ich und Du? Wir können doch da nicht am Rand stehen bleiben und zuschauen, weil wir Angst haben. Das wäre doch unhöflich gegenüber der schönen Sophia. Schau doch, wie sie uns im Licht der Hoffnung anlacht. Na los, nur Mut!
Euer Pfr. Dr. Ulrich Schöntube |
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